Janne Friederike Meyer-Zimmermann über Gleichberechtigung im Spitzensport
www.reiterrevue.de - 22. Juni 2022 - Die Profi-Springreiterin hat an diesem Wochenende mit dem deutschen Team den Nationenpreis in Sopot gewonnen. Nach der Geburt ihres Sohnes Friedrich ist sie schnell in den Sport zurückgekehrt, obschon sie dadurch Weltranglistenpunkte verloren hat. Wir haben mit ihr über Chancengleichheit im Springsport und ihre Initiative #equalequest gesprochen.
Warum haben Sie die Initiative #equalequest ins Leben gerufen?
„Aktuell ist es im Springsport so, dass man im Falle einer Schwangerschaft eine feste Pause von mindestens sechs Monaten bei der FEI beantragen kann. In dieser Zeit werden 50% der Ranglistenpunkte aus dem Vorjahr konserviert. Es gibt keine Möglichkeit, früher aus dieser Pause zurückzukehren, ohne alle Weltranglistenpunkte aus dieser Pause zu verlieren. Für uns Frauen ist das ein großer Nachteil im Spitzensport. Ich möchte erreichen, dass Frauen selbstbestimmt entscheiden können, wann sie nach der Geburt in ihren Sport und Beruf zurückkehren. Ich habe das große Glück, ein gesundes Kind zu haben. Nach der Geburt habe ich mich sehr schnell wieder gut gefühlt und wollte meinen Sport, meine Leidenschaft wieder ausüben.“
Warum war es Ihnen wichtig, auch wieder schnell auf Turnieren zu starten?
„Ich wollte in Hamburg starten und mich für Aachen empfehlen, was mir geglückt ist. Für solche Turniere braucht es etwas Routine und die hatten meine Pferde und ich durch die Schwangerschaft nicht mehr. Bei der Turnierserie in Oliva bin ich mit kleinen Springen wieder gestartet, einfach um wieder rein zu kommen. So habe ich die vorgeschriebenen sechs Monate Pause nicht eingehalten und meine Punkte verloren. Für mich persönlich ist das – zum Glück – kein großes Problem, da ich dank der Nominierung des Bundestrainers Otto Becker auch wieder auf den großen Turnieren starten durfte. Allein über meine Weltranglistenplatzierung wäre das größtenteils aber nicht möglich gewesen. Durch den schwangerschaftsbedingten Verlust der Weltranglistenpunkte bin ich mehr als 150 Plätze abgerutscht. Das ist viel. Ich sehe mich nicht in einer Opferrolle, ich reite mir meine Punkte gerade wieder zusammen. Aber nicht jede Frau hat diese Möglichkeiten im eigenen Land und daher möchte ich gemeinsam mit anderen eine Regeländerung bewirken.“
Wofür setzt sich die Initiative #equalequest ein?
„Die Initiative #EqualEquest strebt eine Änderung des internationalen Regelwerks an, die Reiterinnen eine zeitlich begrenzte aber flexible Pause im Falle einer Schwangerschaft für einen Zeitraum von vier bis zwölf Monaten ermöglicht. Weiter könnten den Sportlerinnen Wildcards für internationale Starts, gemessen an dem Platz im Ranking vor der Pause, zur Verfügung gestellt werden. Die Beendigung der Pause und der Zeitpunkt des ersten Turnierstarts muss der FEI rechtzeitig bekannt gegeben werden, damit die Sperre der Reiterin aufgehoben werden kann.
Diese neue Regelung sollte für alle Nationen und Disziplinen gleichermaßen Bestand haben. Die Kernelemente unseres Vorschlags sind: Die Flexibilisierung des Maternity Leaves, die eine frühzeitige Rückkehr ohne den Verlust aller Ranglistenpunkte ermöglicht. Wir wünschen uns, die Möglichkeit von Wildcards auf Basis des Ranglistenplatzes vor der Pause und die einheitliche Regelung auf internationaler Ebene für alle Reitsportdisziplinen. Von der Deutschen Reiterlichen Vereinigung haben wir positives Echo bekommen. Wenn sie beim Weltreiterverband einen Antrag auf Regeländerung einreicht, wäre es ein sehr großer Schritt für die Gleichberechtigung von Frauen im internationalen Top-Sport.“
Quelle: https://www.reiterrevue.de/news/szene/janne-friederike-meyer-zimmermann-ueber-gleichberechtigung-im-spitzensport-13134869.html